Ausland, ich komme! (wieder)6 min read

Letzte Woche habe ich es ja schon angeteasert: Ich gehe wieder ins Ausland, dieses Mal nach Finnland. Zwar habe ich noch keine Antwort auf meine Bewerbung bekommen, allerdings ist der Ansturm auf ERASMUS bei uns Geodäten nicht all zu groß, deswegen sehe ich keinen Grund, warum ich nicht angenommen werden sollte. Da ich ja schon einmal im Ausland war gibt es einige Dinge, die ich dieses Mal anders angehen werde als beim letzten Mal und darüber will ich heute berichten.

Warum Finnland?

Das ist immer die erste Frage, sobald ich erzähle, dass ich nach Finnland gehe. Auch meine Eltern waren über meine Wahl überrascht, denn eigentlich gibt es viele Gründe, die dagegensprechen:

  • Die Unterrichtssprache in Finnland ist, genauso wie auch hier in München, Englisch. Sprachlich wird es also fast keinen Unterschied machen.
  • Das Studienprogramm in Finnland ist nicht sehr attraktiv: Als ich letztens die angebotenen Vorlesungen durchging, musste ich feststellen, dass das meiste für mich dort Wiederholung von Stoff sein wird, den wir hier schon im Bachelor behandelt haben.
  • Finnisch ist eine schwierige Sprache.
  • Finnland ist kein ERASMUS-Mainstream-Land.

Eigentlich wollte ich auch nicht nach Finnland. Mein eigentliches Zielland war Schweden, allerdings lebt ERASMUS ja nur von Partnerschaftsverträgen zwischen den Unis und meine Uni hat leider keinen Vertrag mit einer schwedischen Uni, die auch noch Geodäsie anbietet. Somit musste ich meine Suche auf den gesamten skandinavischen Raum ausweiten und da war dann die einzige Alternative eben die Aalto University in Helsinki in Finnland (oder “Aalto yliopisto”, wie sie auf Finnisch heißt).

Ich habe in vielen Büchern über die skandinavische Kultur gelesen. Ein Buch, an das ich mich dabei besonders erinnere, ist “Populärmusik aus Vittula” von Mikael Niemi, ein Roman über einen Jungen, der in der schwedisch-finnischen Grenzregion lebt und somit von beiden Kulturen erzählt. Wer sich eine Dokumentation über Astrid Lindgren anschaut, wird mit schwedischer Kultur überschüttet und dann gab es auch noch einige Reisevlogs, die mir Skandinavien über die Zeit mehr und mehr schmackhaft gemacht haben. Ihr seht also: Es geht mir vorrangig um die Kultur. Wie schafft man es, eine Tageslänge von nur 6 Stunden zu überleben, ohne depressiv zu werden? Wie sieht das Leben in der Einöde im Norden Finnlands aus? Da ich ja in Helsinki, der Hauptstadt Finnlands leben werde, weiß ich nicht, inwiefern ich die Antwort auf die zweite Frage erleben werde, aber es wäre eine Motivation, mal eine Reise in den Norden des Landes zu unternehmen.

Jetzt stellt sich natürlich die zweite Frage: Warum fährst du denn nicht als Tourist nach Finnland oder Schweden und erkundest die Kultur so? Das hätte natürlich viele Vorteile: Als Student bin ich natürlich etwas an Helsinki gebunden, schließlich muss ich ja auch noch studieren. Gleichzeitig habe ich allerdings in Straßburg gemerkt, dass man die Kultur auf eine ganz andere Weise erlebt, wenn man mehr als nur einige Wochen in einem Land verbringt. Und ERASMUS macht’s möglich 🙂

Wie lange wirst du weg sein?

Auch wenn ich damals in Straßburg geschrieben habe, dass ich ein Jahr für die optimale Länge halte, habe ich mich entschlossen, nur für ein Semester nach Finnland zu gehen. Hintergrund dafür ist zweierlei: Zum einen habe ich so die Gelegenheit, in München bereits Fächer nachzuholen, die ich durch Finnland verpasse, zum anderen habe ich vor, das eine oder andere ziemlich geile Praktikum im Sommersemester zu machen. Daher nur ein Semester.

Beurlaubung

Nach meinem Aufenthalt in Straßburg musste ich leider auf die schmerzhafte Tour lernen, wie es ist, zu wenige Fächer anerkannt zu bekommen. Zu allem Überfluss habe ich mich damals auch nicht beurlauben lassen, was bedeutete, dass ich zweimal haarscharf an einem Härtefallantrag vorbeigekommen bin. Ihr versteht nur Bahnhof? Kein Problem: Wenn man mit ERASMUS ins Ausland geht, muss man ein sogenanntes Learning Agreement ausfüllen. Dort wird festgehalten, welche Fächer man an der Gastuniversität belegt und wie diese Fächer an der Heimuniversität anerkannt werden. Aufgrund unglücklicher Umstände hat es sich bei mir so ergeben, dass mir nur relativ wenige Noten anerkannt werden konnten. Das hatte wiederum zur Folge, dass die sogenannte Studienfortschrittskontrolle zu meinem Feind wurde: Die Studienfortschrittskontrolle ist ein Mechanismus, der sicherstellt, dass jeder Student in jedem Semester eine Mindestanzahl an Prüfungen bestehen muss. Besteht der Student zu wenige Prüfungen, wird er Zwangsexmatrikuliert, also aus dem Studiengang geschmissen. Damit der Student aber nicht ganz wehrlos ist, gibt es die Möglichkeit, einen Härtefallantrag zu stellen. In dem Antrag kann man dann begründen, warum man nicht die geforderte Anzahl an Prüfungen bestehen konnte und um eine Fristverlängerung bitten. Der Prüfungsausschuss berät dann über den Antrag und beschließt, ob der Student noch immatrikuliert bleibt oder nicht.

Eine weitere Möglichkeit, der Studienfortschrittskontrolle zu entgehen ist das sogenannte Urlaubssemester. In einem Urlaubssemester wird die Studienfortschrittskontrolle pausiert (man macht ja schließlich Urlaub), gleichzeitig darf man aber auch nur Wiederholungsklausuren schreiben.

Da ich, bevor ich nach Frankreich ging, alle Prüfungen bestanden hatte, die ich bis dahin hätte schreiben können, hatte ich kein Problem mit der Studienfortschrittskontrolle und so sah ich keinen Grund, mich für das eine Jahr beurlauben zu lassen. Großer Fehler! Da mir nur sehr wenige Noten anerkannt wurden, sah es für die Studienfortschrittskontrolle so aus, als hätte ich ein Jahr lang fast nichts für mein Studium gemacht und schon schwebte das Damoklesschwert über mir.

Da ich inzwischen im Master bin, sieht die Situation allerdings etwas anders aus: Es gibt zwar immer noch eine Studienfortschrittskontrolle, aber dank sogenannter “Elective courses” sind die Möglichkeiten der Anerkennung viel flexibler. Ich werde mir also von Haus aus schon mehr Noten anerkennen lassen können. Dennoch werde ich mich zur Sicherheit beurlauben lassen, um nicht denselben Fehler erneut zu begehen.

Wohnung

In Straßburg habe ich ja in einem Wohnheim gewohnt und das wird sich in Helsinki nicht ändern. Auch wenn ich manchmal eine WG lieber hätte, denke ich, dass mir das Klima in einem Wohnheim doch angenehmer ist. Eine kurze Google-Suche hat auch ergeben, dass die Wohnheime nicht schlecht aussehen. Wenn sie jetzt noch halten, was sie auf der Website versprechen, bin ich glücklich 🙂

Reisen

Wie ich ja bereits geschrieben habe, ist das Studienprogramm an der Aalto University nicht unbedingt das interessanteste. Umso mehr wird sich dieses Semester auf Reisen konzentrieren. Wie? ich weiß es noch nicht. Vielleicht werde ich mir ein billiges Auto holen, allerdings bekomme ich als Student auch heftige Rabatte bei der finnischen Bahn. Mal sehen, wo es mich da hintreibt.

Da mir aber inzwischen die Worte ausgehen und ich morgen auch ziemlich früh aufstehen muss (es ist gerade Sonntagabend), werde ich jetzt lieber aufhören. Natürlich werde ich, wie auch in Frankreich, fleißig über meine Erlebnisse in Finnland aber auch über den Fortschritt meiner Bewerbung bloggen. Jetzt wünsche ich euch aber allen erstmal eine schöne Woche und bis nächsten Sonntag 🙂

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